Brecht in Asia and Africa 
 
 
Vasudha Dalmia-LUderitz. "Brecht auf Hindi: 
Poetik der Resonanz." 
 
     Dalmia-Luderitz diskutiert Brechts Theaterasthetik aus der unge- 
wohnten Perspektive der Theaterpoetologie des Sanskrit und stellt eine 
ganze Reihe asthetischer und konzeptioneller Parallelen fest. Eine 
wichtige Charakteristik ist hierbei die organische Verbindung zwischen 
dem Drama und der Prasentation. Die Kontinuitat in der Geschichte 
traditioneller indischer Theaterformen wird unterbrochen durch die 
kulturellen Uberlagerungen und Uberfremdungen, besonders die einsei- 
tige "Literarisierung" des Theaters, die der westliche Kolonialismus
im 
18. Jahrhundert in Indien ber*hrt. Eine Verb rgerlichung des Theaters 
nach westlichem Muster zeigt sich besonders in der Entwicklung des 
Stadttheaters, wie sie in Bombay zu beobachten war; das alnderte sich 
zunachst auch nicht nach der indischen Unabhangigkeit: Kritik an den 
Strukturen des kolonialen Erbes, das nicht ganzlich abgeschuttelt war, 
bediente sich hauptsachlich noch des Diskurses westlicher Kunst, so 
galten beispielsweise Beckett und Handke zunachst als Vorbilder 
kritisch/politischen Theaters. 
     Die urspriingliche Einheit zwischen Drama und Prasentation wurde 
erst ganz allmahlich im Gefolge verstarkter antikolonialistischer und 
patriotischer R*ckbesinnung neu entdeckt und durch zeitgemaiBe politi- 
sche Bezuge modernisiert. In Brechts Meisterschaft, Folkloristisches in 
eine zeitgem aBe Form zu bringen, liegt eine der Anregungen, die f or das

moderne indische Theater bestimmend waren, und die Dialektik in 
Brechts Verbindung von Dramaturgie und Theateraisthetik, von Schrei- 
ben und Inszenieren, Ahnelt im Prinzip der traditionellen indischen 
Fusion von Text und Theater. Ber*hrungspunkte finden sich auch in der 
Spaltung zwischen Spieler und Rolle, der Entindividualisierung der dar- 
gestellten Konflikte, und der Einarbeitung von musikalischen Elemen- 
ten, die zwar unabha.ngig, aber trotzdem strukturell integriert sind. 
    Trotz dieser formalen Gemeinsamkeiten besteht ein entscheiden- 
der Widerspruch in den ideologischen Grundlagen beider Formen: 
Brechts Ausgangspunkt ist ein sozialrevolutionarer, das tief im Wert- 
system des Feudalismus wurzelnde indische Volkstheater ist dagegen 
reaktionar. Die Tendenz zum kritischen Denken findet sich ironischer- 
weise eher im "unbrechtschen", burgerlichen Stadttheater fortgesetzt.

Die Moglichkeit, alle drei Formen produktiv zu amalgieren, scheint 
jedoch zu bestehen und eine Aufgabe der Zukunft zu sein. 
 
Vashuda Dalmia-LOderitz. "Brecht en hlndou: 
la podtique de Ila r6ponse." 
 
    L'affirmation d'une corr6lation entre le th6Atre 6pique de Brecht et

le th6ftre populaire hindou doit 6tre replac6e dans Ihistoire de 
I'esth6tique dramaturgique hindoue. L'esth6tique dramaturgique, 6non- 
c~e au sixibme sibcle dans le N~tya .astra, est domin6e par I'6l6ment 
synth6tique du rasa (la sbve). Le principe du rasa disparait pour 
r6apparaltre au dix-neuvibme sibcle dans la forme th6ftrale du svang 
dans le Pendjab. Ce th4,itre populaire du Nord de I'Inde est examin6 ici

 
 
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