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"Sakralität" des Geldes, aber Brecht und Weill versuchen,
mit diesen 
tödlichen Spielen die Ideologie des Geldes zu zertrümmern, und

machen zugleich schockartig das Grauen der Realität kenntlich. Wie 
Heiner Müllers Quartett im grausamen Spiel des Geschlechterkampfes 
einen Blick in die Tiefen der Triebstruktur gestattet,19 so öffnet 
Mahagonny im grellen Spiel der genusssüchtigen Konsumtion den 
Blick für noch immer aktuelle Abgründe der kapitalistischen 
Gesellschaft. Im Gegensatz zur Alltagssituation, in der Theatralität

zumeist als--oft medial präformierte--Image-Konstruktion dient, kann

Inszeniertheit, zumal in ihrer potenzierten  Form, im  Theater 
demaskieren  und Illusionen zerstören.  Indem  die theatrale 
Inszenierung  in ihrer  radikalen  Potenzierung  die  realen 
gesellschaftlichen  Inszenierungen  opponiert, wird  der blutige 
Theaterspaß von  Mahagonny zur spielerischen  Negation  der 
"Spaßgesellschaft." 
Anmerkungen 
1 Bertolt Brecht, Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny, in Brecht, 
Werke 2. Stücke 2. Große kommentierte Berliner und Frankfurter

Ausgabe, hg. v. Werner Hecht, Jan Knopf, Werner Mittenzwei, Klaus- 
Detlef Müller (Berlin/Weimar und Frankfurt am Main: Aufbau und 
Suhrkamp, 1988), S. 333-389, hier S. 335. Im Folgenden im Haupttext 
zitiert als BFA, gefolgt von der Band und Seitenzahl. 
2 Jürgen Kühnel, "Darum lasst uns hier eine Stadt gründen...'
Zum 
Motiv der Stadtgründung im (Musik)theater des 19. und 20. 
Jahrhunderts," in Peter Csobädi u.a., Hrsg., Mahagonny - Die Stadt
als 
Sujet und Herausforderung des (Musik-)Theaters. Vorträge und 
Materialien des Salzburger Symposiums 1998 (Anif und Salzburg: 
Mueller-Speiser, 2000), S. 95-117, hier S. 99. 
3 "Food, Sex, Money" finden sich nach Kytzler in einer erstaunlichen

Parallele zu Mahagonny auch in Aristophanes' Die Vögel. Aber 
während  Aristophanes  nicht-wie  Kytzler meint-"[e]in  plattes

Programm hedonistischen Lebensgenusses entfaltet," sondern eine 
Utopie als Alternative zum Athen seiner Zeit entwickelt, zeigen Brecht 
und Weill in Weiterentwicklung des Baalschen Hedonismus in seiner 
Naturhaftigkeit, dass Genuss bezahlt werden muss und damit 
Sinnlichkeit und das Gefühl der Erfüllung verloren gehen. Bernhard

Kytzler, "Nephelekokkygia. Wolkenkuckucksheim-Aristophanes' erste 
Europäische Bühnenstadt," in Csobädi, Mahagonny, S. 119-129,
hier S. 
124. 
4 Adorno spricht in seiner Interpretation von Mahagonny von "der 
mächtigen Parodie des Staatsvertrags"; Theodor W. Adorno, 
"Mahagonny," in Ders., Gesammelte Schriften 17, Musikalische 
 
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