Mahagonny       im   Spiegel   von    Marcel    Breuers 
Verkehrsarchitektur, Del E. Webs Sun City und 
Disneys Celebration 
Gregor Langenbrinck (Bauhaus, Dessau) 
ein Blick auf Mahagonny ist der eines Urbanisten, Werk und 
Biographien von Bertolt Brecht und Kurt Weill lasse ich weitgehend 
unberücksichtigt.  Zu Grunde liegt der Text der Oper in der 
Druckfassung von 1930; an ihm interessiert mich die Beschreibung von 
Stadt.  Sie setze ich einerseits exemplarisch in Beziehung zur 
Stadtvorstellung der Avantgarde des Neuen Bauens in Berlin um 1930. 
Andererseits werde ich assoziativ Bezüge zu Del E. Webs Sun City-- 
gegründet 1960--und zur Stadtvision des New Urbanism am Beispiel 
der Disneystadt Celebration andeuten-im Bau seit 1996. 
Mahagonny wird gegründet am Ort, an dem konsequent 
entschieden werden müsste.  Die Protagonisten sind aus der 
Großstadt geflüchtet, um woanders ihr Glück zu machen. Sie
werden 
verfolgt, ihr Fahrzeug bleibt liegen. Doch weder Flucht noch Fahrt zu 
den Goldschürfgebieten werden fortgesetzt. Eine Reparatur des 
Fahrzeugs wird nicht probiert. Man bleibt. Das ist bequem und 
fatalistisch.  Drei Nicht-Entscheidungen führen zur Gründung 
Mahagonnys, der Netzestadt. Die Gründung ist eine Entscheidung 
aus Schwäche. 
Der Ort liegt in der Wüste, "Fern vom Getriebe der Welt."'
Er soll 
Ruhe und Eintracht für Goldgräber und Großstädter und
insgesamt für 
die "Unzufriedenen aller Kontinente" bringen. Alle, gezeichnet
von 
Entbehrungen, Zügellosigkeit und täglichem (über-)Lebenskampf,

sollen hier geregeltes Glück finden. Das dritte Bild zeigt: Mahagonny

ist Gegengründung zur Großstadt und letzter Posten vor der 
Zivilisationsgrenze. Sie durchlebt eine Phase extremer überregulierung

und fällt durch ein drohendes Naturereignis in eine Phase extremer 
Deregulierung: Erst Gemeinschaft, Kontrolle und Selbstkontrolle des 
Subjekts--Gefangener im goldenen Käfig. Dann Individualisierung, 
Gesetzlosigkeit und Chaos-Desperado im Panorama aller Möglich- 
keiten. Fazit: Kein Lebenskonzept macht glücklich. Es folgt der 
Untergang von Mahagonny. 
Gezeigt wird die Civitas von Mahagonny, ihre "Empfindungen, 
Rituale und Anschauungen," wie die Menschen leben. Die Urbs, die 
Physis, "die Steine der Stadt,"2 ihre Infrastruktur, Art und Aussehen
der 
Gebäude, bleiben bis auf Andeutungen-Stadtplan, Kneipe, Hotel 
zum Reichen Mann, Gerichtssaal-unerwähnt. Das schafft Raum für

Assoziationen und Vergleiche mit anderen Stadtkonzepten. Eins 
durchzieht alles: Die Macht des Kapitalismus.  Nicht nur in der 
Großstadt und bei den Goldgräbern, sondern auch in Mahagonny 
wird das Netz des Kapitalismus aufgestellt, um die "essbaren Vögel"

(BFA 2, S. 336) zu fangen. Gefangen wird in Mahagonny nichts, weil 
Mahagonny. com 
Stephen Brockmann et al., eds., The Brecht Yearbook /Das Brecht-Jahrbuch

Volume 29 (Pittsburgh: Ihe International Brecht Society, 2004)