die KOnren erwarmr natten, griir mit tastenaer 
Hand von hinten in das Gerät hinein und rüt- 
telte sanft an der Lautsprecherröhre. Mit Unter- 
brechungen zuerst, doch dann ganz gut ver- 
ständlich sang ein Kinderchor: -.... aus einer 
Wurzel zart..." Ella Naujokat summte die 
Melodie mit, erhob sich aus dem Sessel, zün- 
dete die Kerzen an und löschte das elektrische 
Licht. 
Sie lebte allein, die Frau Ella Naujokat, sie war 
74 Jahre alt, und sie sprach gern ihre Gedan- 
ken laut aus. Oft hatte sie gedacht, es sei ein 
Fehler gewesen, aus der lebendigen Großstadt 
in diese langweilige Kleinstadt gezogen zu 
sein; doch nun hatte sie sich an die neue Um- 
gebung gewöhnt, vor allem sagte sie sich: 
~Diese kleine Dachwohnung ist jedenfalls 
billigl" Und das war schon ein triftiger Grund. 
Vor einundfünzig Jahren hatte sie in einer 
modernen Villa gewohnt, nachdem sie den er- 
folgreichen Modemaler Max Naujokat gehei- 
ratet hatte. Achtzehn Jahre lebten sie zusam- 
men, dann starb Max. Er war in der letzten Zeit 
kein Modemaler mehr gewesen, und er hinter- 
ließ seiner Frau deshalb eine verschuldete 
Villa. Ella verkaufte sie und mietete eine Etagen- 
wohnung. Bald war jedoch ihr letztes Geld ver- 
braucht, und in ihrer Not schickte sie etliche 
Erzählungen, die sie im Laufe der Jahre zu 
ihrer Unterhaltung geschrieben hatte, an meh- 
rere Zeitungen. Sie war sehr überrascht, als 
alle diese Erzählungen gedruckt wurden; ja, die 
Redakteure ermutigten sie sogar, weitere Ar- 
beiten zu schicken; einer bat sie, eine Weih- 
nachtsgeschichte zu schreiben; sie tat es, und 
die Geschichte wurde ein Erfolg. Im Jahr darauf 
baten sie fünf Zeitungen um Weihnachts- 
geschichten. Schnell wurde sie jetzt bekannt, 
die Zeitungshonorare ermöglichten ihr ein fast 
sorgloses Leben. Es machte ihr Spaß, nur 
Schriftstellerin zu sein, sie war reich an Ideen, 
und bald erschien ihr erstes Buch unter dem 
Titel: ~Elle Naujokata schönste Erzählungen". 
in ihrem zweiten Buch legte sie Ihre gesammel- 
ten ,Weihnachtsgeschichten" vor. Beide Bü- 
cher wurden von der Kritik gelobt, ein Herr 
Fechter schrieb sogar: